„Ökumenische Mitte" in Baccum im Emsland

Ort der Begegnung zwischen den Konfessionen

Ziemlich genau 450 Meter liegen zwischen der katholischen Kirche und der evangelischen Kirche im emsländischen Dorf Baccum. Eine Entfernung, die seit dem Bau der reformierten Kirche im Jahr 1859 besteht. Dennoch wirkt die Distanz zwischen den beiden Gotteshäusern - und damit auch die Distanz zwischen den beiden Kirchengemeinden im Jahr 2010 viel geringer. Das liegt an dem Abbau der Differenzen zwischen Katholiken und Evangelischen, die zum Beispiel inzwischen wie selbstverständlich untereinander heiraten können. Was vor 150 Jahren noch undenkbar war ist heute Realität. Und das versinnbildlicht ein Platz zwischen den beiden Gemeinden, der jetzt „Ökumenische Mitte" heißt und nicht mehr mit Bäumen und Sträuchern zugewachsen, sondern ein sorgfältig gepflasterter Platz ist.

Baccum

Begonnen hat alles im Jahr 2000. „Ich weiß es noch wie heute, als Marianne Thale, aus dem Pfarrgemeinderat der St. Antoniusgemeinde zu uns in den Kirchenrat kam und fragte, ob wir nicht ein ökumenisches Fest feiern könnten," erinnert sich Hans-Gerhard Billker, Pastor der reformierten Gemeinde. Und auf der Suche nach einem geeigneten Platz kamen die beiden Gemeinden dann auf die Idee, die zugewachsene Fläche zwischen den Kirchen, dem reformierten Gemeindehaus, dem katholischen Gemeindehaus und dem katholischen Kindergarten freizulegen. Für das erste gemeinsame Gemeindefest im Jahr 2002 war das zunächst nur ein kleiner Durchgang. Das Fest war ein so großer Erfolg, dass die Zusammenarbeit intensiviert wurde und das ökumenische Fest 2004 schon auf einer gerodeten Fläche stattfinden konnte. Danach taten sich die beiden Kirchengemeinden mit dem Ortsrat Baccum und der Stadt Lingen zusammen, jetzt mit der Idee einen Platz der gemeinsamen Begegnung zu schaffen, als „Ökumenische Mitte" zwischen den Konfessionen. Anfang 2009 begannen dann die Bauarbeiten und inzwischen ist ein mosaikgepflasterter Platz entstanden, mit einem Blockhaus und drei geöffneten Stahltüren, die am Rand der Wege hin zum Platz stehen. Diese geöffneten „Türen" werden noch mit Schriftentafeln versehen, die Bibeltexte , Äußerungen von Kirchenvätern und Bekenntnistexte tragen werden. Sie sollen symbolisieren, „dass uns von alters her mehr verbindet als uns trennt und dass die Wege zueinander offen stehen", so Billker. Auf den gemeinsamen Platz „Ökumenische Mitte" gelangt man aus drei Richtungen: von der katholischen Kirche aus, aus Richtung der evangelisch-reformierten Kirche und ausgehend vom katholischen Kindergarten sowie vom reformierten Gemeindehaus, die vis à vis an der dritten Ecke des Platzes liegen.

Die offizielle Eröffnung der „ökumenischen Mitte" findet im 25. April 2010 statt. Bis dahin sollen noch zwei weitere Projekte abgeschlossen sein: Mit Farbspielen versehene Fenster werden am Rande des Platzes aufgestellt, Bodenplatten werden drei historische Wege bilden: ein biblisch-historischer, einer zur Kirchengeschichte Lingens und einer zur Kirchengeschichte der Niederlande, die bis ins Emsland hinein ihre Wirkung entfaltete. Hans-Gerhard Billker freut sich schon auf die Eröffnung eines geistlichen Raums der kulturellen Begegnung.

Pastor Hans-Gerhard Billker

Ohne die beiden Pastoren wäre die ganz Entwicklung sicher nicht möglich geworden. Neben Hans-Gerhard Billker ist der katholische Pfarrer Dr. Martin Trimpe einer der Motoren des Projektes. „Er hat ein großes ökumenisches Gesprächsbedürfnis", sagt Billker. „Wir können einfach gut miteinander, so dass vor Ort Entwicklungen möglich sind, die auf höherer Ebene undenkbar wären." Wie groß die Verbundenheit der beiden Gemeinden und ihrer Pastoren ist, zeigte sich auch in der Festwoche zum 150-jährigen Bestehen der reformierten Kirche in Baccum im November 2009. Diese wurde am Buß- und Bettag 2009 mit einer ökumenischen Abendandacht in der katholischen Kirche eröffnet, danach zogen die beiden Gemeinden über die „ökumenische Mitte" in die reformierte Kirche und beendeten dort den Gottesdienst. Und in der Zukunft sind weitere gemeinsame Veranstaltungen geplant, die auch immer die christliche Verbundenheit dokumentieren. Ein gemeinsamer Arbeitskreis aus Kirchengemeinden und Ortsrat kümmert sich darum.

 

Information
Zur Evangelisch-reformierten Gemeinde Baccum gehören 650 Gemeindeglieder. Für das Gemeindeleben besonders prägend ist die intensive musikalische Arbeit: der Posaunenchor besteht seit 52 Jahren. 35 Kinder finden sich bei den Kirchenmäusen ein. Ein Jugendchor schließt sich an und gemeinsam mit den Chor Paradigma und der ökumenischen Big-Band gibt es Sommer- und Weihnachtskonzerte. Die Gemeinde gehört zum Synodalverband Emsland/Osnabrück.

Die katholische Gemeinde Baccum hat ca 1600 Gemeindeglieder. Pastor Martin Trimpe ist neben Baccum auch für die Kirchengemeinden Laxten und Brögbern zuständig. Insgesamt versorgt er rund 7000 Gemeindeglieder.

Finanziert worden sind die Bauarbeiten der „Ökumenischen Mitte" aus Mitteln des EU-Förderprogramms Leader Plus, vom Ortsrates Baccum, der Stadt Lingen und vom Landkreis Emsland.

Fotos: "Ökumensiche Mitte in Baccum, im HIntergrund die reformierte Kirche (oben); Pastor Hans-Gerhard Billker (unten)