Globalisierungsprojekt
14. Juni 2010: Sondersynode zum Thema Globalisierung
"Gemeinsam für eine andere Welt": Gesamtsynode der Evangelisch-reformierten Kirche beschließt zusammen mit der südafrikanischen URCSA gemeinsame Erklärung zu Globalisierung
Die Evangelisch-reformierte Kirche warnt vor den Gefahren des Globalisierungsprozesses. Während einer Sondersitzung verabschiedete die Gesamtsynode heute eine Erklärung mit dem Titel „Gemeinsam für eine andere Welt“. Diese Erklärung entstand in einem drei Jahre dauernden Diskussionsprozess mit der südafrikanischen Partnerkirche Uniting Reformed Church of Southern Africa (URCSA).
In diesem Dokument erkennen die beiden Kirchen zwar an, dass Globalisierung in vielen Bereichen einen bedeutenden wirtschaftlichen Aufschwung mit sich gebracht habe. Aber sie stellen auch fest, dass es Verlierer gibt, die vor allem in den ärmeren Ländern des Südens leben. Die Kirchen zeigen sich besorgt, dass der wirtschaftliche Aufschwung mit einer wachsenden "Gerechtigkeitslücke" einher geht und dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander klaffe. Große Sorge bereitet den Kirchen der Zustand der Umwelt, die in vielen Ländern rücksichtslos geplündert und ausgebeutet werde, um wirtschaftlichen Fortschritt zu erreichen.
In der Erklärung ist von wirtschaftlicher, kultureller, politischer und militärischer Macht als einem Herrschaftssystem die Rede, dem scheinbar alles unterworfen sei. "Wir begreifen dieses System als eine Bedrohung unseres täglichen Lebens, das den Interessen mächtiger Konzerne, Nationen, Eliten und privilegierter Personen dient, während es in Kauf nimmt, dass dies auf Kosten von Mensch und Schöpfung geschieht."
Die Kirchen seien aufgerufen, sich in einer Welt voller Ungerechtigkeit und Feindschaft den Notleidenden, Armen und Entrechteten zuzuwenden und für eine faire Weltordnung einzutreten, heißt es weiter. Die jetzt verabschiedete gemeinsame Erklärung soll in die nächste Generalversammlung des Reformierten Weltbundes einfließen. Diese beginnt am 18. Juni in Grand Rapids in den USA.
Hintergrund des deutsch-südafrikanischen Diskussionsprozesses ist das sogenannte "Bekenntnis von Accra". In einem umstrittenen Beschluss richtete die Generalversammlung des Reformierten Weltbundes 2004 im ghanaischen Accra einen dramatischen Appell an die Weltöffentlichkeit. Angesichts zunehmender wirtschaftlicher Ungerechtigkeit und ökologischer Zerstörung in der Welt forderte der weltweit größte Zusammenschluss evangelischer Christen die Kirchen auf, ein „Bündnis für Gerechtigkeit und für das Leben auf der Erde zu schließen“. Neben der achtseitigen gemeinsamen Erklärung unter dem Titel „Gemeinsam für eine andere Welt“ ist ein etwa 150-seitiges Abschlusspapier entstanden, in dem Themen wie Handel, Finanzmärkte, Welternährung, Wasser, Geschlechtergerechtigkeit, Umwelt, Militarismus theologisch erörtert werden.
Als Gastredner forderte der Physiker Ernst Ulrich von Weizsäcker in seinem Vortrag ein anderes Menschenbild, das nicht auf Egoismus ausgerichtet sein dürfe. Der langjährige Präsident des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie sprach sich für globale Wirtschaftsregeln aus. Kirchen und Nichtregierungsorganisationen hätten im notwendigen Diskussionsprozess eine wesentliche Rolle.
14. Juni 2010
Ulf Preuß, Pressesprecher
Fotos: oben: Pastor Ahlerich Ostendorp, Geschäftsführer des Globalisierungsausschusses brachte das Abschlussdokument ein; unten: Ernst Ulrich von Weizsäcker während seines Vortrags
Hintergrund:
Globalisierungsprojekt von Evangelisch-reformierter Kirche und Uniting Reformed Church of Southern Africa
Im Jahr 2004 hat die Generalversammlung des Reformierten Weltbundes in einer gemeinsamen Erklärung - dem "Bekenntnis von Accra" - die weltweite Armut als direkte Folge einer neoliberalen Globalisierungspolitk gebrandmarkt. In der Erklärung heißt es, dass „die Integrität unseres Glaubens auf dem Spiel steht, wenn wir uns gegenüber dem heute geltenden System der neoliberalen wirtschaftlichen Globalisierung ausschweigen oder untätig verhalten".
Die Erklärung fordert die Mitgliedskirchen auf, das „Bekenntnis von Accra" auf regionaler und lokaler Ebene in konkretes Handeln umzusetzen. Vor diesem Hintergrund ist das
„Joint Globalisation Project between URCSA and ERK"
entstanden. Seit 2006 haben in beiden Kirchen Globalisierungsausschüsse gearbeitet, um das Thema Globalisierung aus der Nord- und aus der Südperspektive zu erörtern. Ziel des Projektes war es, einen gemeinsamen Weg zu beschreiben, wie die beiden Kirchen aus deutscher und südafrikanischer Sicht den Folgen der Globalisierung begegnen müssen.
Neben den Ausschusssitzungen in Deutschland und in Südafrika haben drei gemeinsame Konsultationen stattgefunden
- im Mai 2008 in Arnolshain bei Frankfurt,
- im Februar 2009 in Stellenbosch,
- im September 2009 in Emden
auf denen die regional erarbeiteten Positionen zusammen getragen wurden.
Mit der jetzt von beiden Kirchen verabschiedeten Erklärung haben die Globalisierungsausschüsse ihre Arbeit abgeschlossen.
Die Projektstelle Globalsierung hat die Arbeit des Globalsierungsausschusses koordiniert.