Hugenotten-Gemeinden

"Hugenotten" werden die französischen Reformierten genannt, wobei die Herkunft des Namens unsicher ist (evtl. eine Verballhornung aus Eidgenossen).
Die Reformation hatte in Frankreich eine ganz eigenständige Entwicklung durchgemacht. Anfangs gab es nur in den Städten Reformierte, nach kurzer Zeit war aber ungefähr ein Drittel der gesamten französischen Bevölkerung evangelisch.
Es gab jedoch heftige Spannungen zwischen den reformierten und katholischen Adligen, die schließlich zu den sogenannten Hugenottenkriegen führten. Dabei verloren vor allem die Hugenotten viele ihrer Anführer. 1659 wird das Edikt von Nantes, das den Hugenotten begrenzte Rechte einräumt, vom ursprünglich reformierten Heinrich IV. verabschiedet. In der Regentschaft seines Nachfolgers Ludwig XIV. (Sonnenkönig) setzt jedoch eine Verfolgung der Hugenotten ein, die ihren Höhepunkt mit dem Edikt von Fontainebleau erhält, das eine völlige Widerrufung des Edikts von Nantes beinhaltet. Den reformierten Pastoren bleiben als Möglichkeiten nur: Auswanderung, Galeerensträfling zu werden oder die Konversion.
Mit den zu einem großen Teil auswandernden Pastoren emigrieren auch sehr viele Hugenotten, die ihren Glauben sonst hätten nicht mehr offen ausleben können. Ein Teil wandert auch in den Untergrund. Die Flüchtlinge werden zum Teil mit offenen Armen empfangen (etwa in Brandenburg, Ansbach oder Hessen). Das liegt einmal an der reformierten Konfession mancher Herrscher, aber zu einem nicht geringen Teil sind es auch wirtschaftliche Interessen, die hier maßgeblich sind.
Die Hugenotten sind zu großen Teilen Handwerker, die den Gebieten, die nach dem dreißigjährigen Krieg wirtschaftlich darniederliegen, neuen Aufschwung geben sollen. So werden beispielsweise in Preußen ungefähr 40000 Refugies (wie sich die hugenottischen Flüchtlinge selber nennen) angesiedelt.
Aber auch in anderen Regionen. So wird bereits 1685 eine französisch-reformierte Gemeinde in Lüneburg gegründet, in Altona-Hamburg 1686 (seit 1602 gab es schon eine kleine niederländisch-deutsche reformierte Gemeinde). Celle folgt 1687, Dresden 1689, Hameln 1690, Bückeburg 1691 (allerdings besteht hier schon seit 1636 eine deutsch-reformierte Hofgemeinde), Hannover 1697, Bützow / Mecklenburg 1699 und Leipzig 1700. Die schon seit 1594 existierende wallonisch-reformierte Gemeinde Hanau erhält durch die Flüchtlinge starken Zuzug.
Neben diesen französisch-reformierten Gemeinden existieren bereits bzw. bilden sich zuweilen deutsch-reformierte Gemeinden, vor allem durch Zuzüge aus anderen reformierten Gebieten. 1703 schliessen sich die französisch-reformierten Gemeinden aus Hameln, Celle, Bückeburg, Hannover und Lüneburg sowie die deutsch-reformierten Gemeinden aus Bückeburg und Hannover zur "Niedersächsischen Konföderation" zusammen; später schliessen sich noch Braunschweig (franz.- und deutsch-reformiert), Celle (deutsch-reformiert), Hannoversch Münden, Göttingen, Stadthagen und Altona an. Umgangssprache dürfte bis etwa Mitte des 18. Jahrhunderts französisch gewesen sein.
Überhaupt sind die französischen Einflüsse anfangs äußerst groß; die Leitung der Gemeinden liegt fast ausschließlich in den Händen des Presbyteriums, dem consistoire. Dieses besteht aus dem Pastor, einem ministre, und zwei Laienvertretern, dem anciens (Ältesten)und dem diacre (Diakon).
Die französische Prägung nimmt dann in den weiteren Jahren ab, nach und nach schließen sich die verschiedenen reformierten Gemeinden eines Ortes zusammen (Bückeburg 1749, Bützow 1778, Braunschweig 1811, Altona 1831 bzw. 1976 ganz Hamburg, Hanau 1947).
Der 1882 enstandenen Evangelisch-reformierten Landeskirche schließen sich viele der hugenottischen Gemeinden an: Lüneburg, Altona, Hameln, Celle, andere bilden seit 1928 gemeinsam mit der Ev.-ref. Gemeinde Göttingen und (bis 1989) der reformierten Kirche Bayerns, die zu wesentlichen Teilen auch auf die hugenottische Tradition zurückgeht, den Bund evangelisch-reformierter Gemeinden Deutschlands (Bückeburg, Braunschweig, Hamburg, Dresden, Hamburg, Leipzig [bis 1993], Bützow [bis 1993], Hanau [bis 1996, dann Teil der Ev.-ref. Kirche]). 1.