Frühjahrssynode 2011 - Erster Tag

Zu Berichten des zweiten Synodentags

19. Mai 2011

Auftakt der Gesamtsynode
Die Gesamtsynode hat heute in Emden ihre Frühjahrstagung begonnen. Thematischer Schwerpunkt der Beratungen der 62 Synodenmitglieder wird das "Jahr der Taufe" sein. Dazu hält Prof. Christian Grethlein von der Universität Münster einen einführenden Vortrag. Im Bericht des Moderamens wird Kirchenpräsident Jann Schmidt zum Thema Ausstieg aus der Atomenergie Stellung beziehen. Daneben wird die Synode über ein neues publizistisches Konzept beraten. Am Freitag stehen zahlreiche Gesetzesänderungen auf der Tagesordnung.

Anlässlich des 175-jährigen Bestehens der Norddeutschen Mission wird deren Generalsekretär Hannes Menke am Donnerstagabend auf die Entwicklung des Missionsgesellschaft zurückblicken. Der Vortrag findet um 19.30 Uhr in der benachbarten Schweizer Kirche statt.

Die Synode begann am mit einem Abendmahlsgottesdienst in der Schweizer Kirche. Die Predigt hielt Pastor Reinhard Sell aus Northeim.

Predigt zum Download 

 

Aktuelle Tagesordnung zum Download

 

Anzahl der Gemeinden wächst

Die Anzahl der Kirchengemeinden in der Evangelisch-reformierten Kirche ist von 142 auf 143 angestiegen. Das sagte Kirchenpräsident Jann Schmidt in seinem Bericht vor der Synode. Hintergrund ist Neuordnung der pastoralen Versorgung im Synodalverband Nördliches Ostfriesland. Dabei ist die Gemeinde Groß-Midlum/ Freepsum geteilt worden, Freepsum wurde mit den Gemeinden Canum und Woltzeten unter einem Pfarramt vereinigt und Groß-Midlum wurde mit den Gemeinden Hinte und Westerhusen unter einem Pfarramt vereinigt. Nach Schmidts Angaben ist eine weitere Zunahme der Gemeindezahl in Folge der Neuordnung denkbar.

Schmidt berichtete zudem über Intensive Gespräche mit der selbstständigen Göttinger reformierten Gemeinde über einen Anschluss an die Landeskirche. Eine Gemeindebefragung in Göttingen habe dort ergeben, dass die Gemeinde einen entsprechenden Antrag gestellt habe. Er gehe davon aus, diese Gespräche in diesem Jahr zu Ende geführt würden. Daneben fänden weiterhin Gespräche mit den Presbyterien der selbstständigen Gemeinden Hamburg und Brauschweig statt.

Der Bericht des Moderamens als Download

Synode fordert schnellen Ausstieg aus der Atomkraft

Die Evangelisch-reformierte Kirche hat den Ausstieg aus der Atomkraft gefordert. „Jede weitere Nutzung der Kernenergie kann den Bestand der Schöpfung gefährden“ heißt es in einer Erklärung der Gesamtsynode vom heutigen Donnerstag. Darin setzen sich die 62 Synodenmitglieder für einen schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien ein.

Die Naturkatastrophe in Japan habe ein atomares Desaster ausgelöst, dessen regionales und globales Ausmaß nicht abzusehen seien, sagte Kirchenpräsident Schmidt vor der Synode. . „Die Verkettung von jeweils für äußerst unwahrscheinlich gehaltenen Umständen habe gezeigt, dass Kraftwerksbetreiber und Wissenschaft, Rettungskräfte und Politik den katastrophalen Folgen hilflos gegenüberstünden. Nach Tschernobyl und Fukushima seien die Risiken der Kernenergie weder zeitlich noch räumlich eingrenzbar. Daher sei ein schnellstmöglicher Ausstieg aus dieser Technologie anzustreben.  „Auch viele Mitglieder reformierter Kirchengemeinden seien der Gefahr ausgesetzt, so der Kirchenpräsident.vor der Synode. Die Kirchenleitung der Evangelisch-reformierten Kirche rufe die Kirchengemeinden auf, sich an einer öffentlichen Debatte zu beteiligen. Mit dieser Erklärung bekräftige die Kirche ihre ablehnende Haltung gegenüber der Kernkraft. Bereits seit rund 30 Jahren verpflichtet sich die Kirche in ihrer Verfassung zur Bewahrung der Schöpfung.

In der Erklärung heißt es, dass die Kirche alle politischen und gesellschaftlichen Bemühungen unterstütze, die weltweit zu einem Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie führten. Dabei mahnen die Synodalen an, dass der Ausstieg in einem gesamtgesellschaftlichen Konsens geschehen solle, der wirtschaftliche Vernunft, soziale Verantwortung und die Bewahrung der Schöpfung gleichermaßen berücksichtige.

Die Erklärung im Wortlaut

Kirche ordnet Publizistik neu

Die Gesamtsynode hat ein neues publizistisches Konzept verabschiedet. Die Synodalen entschieden, das traditionelle "Sonntagsblatt" zum Jahresende einzustellen. Stattdessen soll zukünftig die Zeitschrift "reformiert" an alle reformierten Haushalte der Landeskirche kostenlos verschickt werden. Bislang wurde diese Zeitschrift viermal pro Jahr lediglich im Bereich der Verstreuten verteilt.

Kirchenpräsident Schmidt sagte vor der Synode, dass es an der Zeit sei, alle Kirchenmitglieder regelmäßig mit einer eigenen Publikation zu versorgen. Dies sei eine Form der Mitgliederbindung. Das "Sonntagsblatt" hatte zuletzt etwa 2000 Abonennten vorwiegend in Ostfriesland und der Grafschaft Bentheim. Bislang erreiche die Evangelisch-reformierte Kirche in diesen beiden Regionen mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit etwa 140.000 Gemeindeglieder nicht, so Schmidt.

Vor der Synode wurden aber auch Sorgen geäußert, dass mit dem Verzicht auf das "Sonntagsblatt" ein treuer Leserkreis nicht mehr ausreichend angsprochen werde.

Schwerpunkt: Taufpraxis im Wandel

Prof. Christian Grethlein bei seinem Vortrag

Die Eindampfung  der Taufe - früher dauerte die Taufe drei Jahre – heute zehn Minuten. Christian Grethlein mahnt ein Nachdenken über die Taufpraxis auch in reformierten Gemeinden an.

Christian Grethlein, Professor für Praktische Theologie an der Universität Münster, hat in seinem Vortrag über die „Taufpraxis im Wandel“ die typischen Taufen in den Gottesdiensten aufs Korn genommen. Aus dem, was das Fundament eines christlichen Lebens sein solle, sei eine kurz abgehandelte Handlung innerhalb eines ansonsten normalen sonntäglichen Gottesdienstes geworden.

Aus historischen Zeugnissen wisse man, dass die ersten Christen drei Jahre lang auf die Taufe vorbereitet worden seien. Die Täuflinge hätten sogar mit den Gemeindevorstehern zusammen leben müssen, um alle Facetten des christlichen Lebens kennen zu lernen.

Sehr bald habe sich dann aber die Taufe der Säuglinge durchgesetzt. Diese sei in den ersten Jahrhunderten durch die Presbyter vor Ort vorgenommen worden – wegen der hohen Säuglingssterblichkeit meist in den ersten Stunden oder Tagen eines Neugeborenen. Im ganzen ersten Jahrtausend sei die Taufe selbstverständlich mit einer Abendmahlsfeier verbunden gewesen, bei der auch die Säuglinge Brot und Wein bekommen hätten.

Die Ausbildung und immer stärkere Gewichtung des Bischofsamtes habe die Handauflegung als zentrale rituelle Handlung dem Amtsinhaber vorbehalten. Die Taufe mit Wasser durch die Presbyter habe so den Charakter der Vorläufigkeit erhalten, die durch den alle Jahre durchreisenden Bischof erst bestärkt werden musste. So erkläre sich die bis heute hohe Wertschätzung der Firmung und Konfirmation, die in der Wahrnehmung der Menschen der Taufe den Rang abgelaufen habe.

So sei über die Jahrhunderte eine erhebliche Diskrepanz zwischen der theologischen Bedeutung der Taufe und der Taufpraxis entstanden. „Erklären Sie mal einem Konfirmanden, wie sich zum Beispiel die steilen Thesen des Heidelberger Katechismus in den Fragen 70 bis 74 in zehn Minuten unterbringen lassen“, so Grethlein karikierend.

Insbesondere kritisierte Grethlein die fast ausschließliche Verortung der Taufe im Sonntagsgottesdienst: „Das ist eine Praxis, die es vor 100 Jahren nur als Ausnahme gab.“ Auch in der reformierten Tradition sei das nicht früher verankert, meinte der Münsteraner Taufexperte. Noch 1973 habe eine Umfrage der EKD ergeben, dass ebenso oft in besonderen Gottesdiensten, in Familien und auch in Krankenhäusern getauft worden sei. Heute sei die Taufe am Sonntag dagegen fast der ausschließliche Ort der Taufe.

Mehr interessant als kritisch bewertete Grethlein eine andere Tendenz: Die kleinen Kinder würden immer später getauft, selten mehr bevor sie ein halbes Jahr alt seien. Dafür seien ausschließlich praktische Gründe im Familienleben verantwortlich, die sich um theologische Diskussionen nicht scherten. Die ersten Wochen nach der Geburt habe die Medizin durch die zahlreichen Vorsorgeuntersuchungen die „Führung“ übernommen. So suchten sich die Familien den richtigen Zeitpunkt eben etwas später.

Auch die Zunahme der Erwachsenentaufen und der Taufen in der Konfirmationszeit sei vielfach praktisch begründet. In Ostdeutschland kämen zum Beispiel immer wieder Kinder aus unkirchlichen Elternhäusern mit dem Wunsch getauft zu werden in Gemeinden.

Grethlein nahm auch zu den unterschiedlichen Motiven der Eltern Stellung, die ihre Kinder zur Taufe brächten. Oftmals sei eine Art „Generationenvorsorge“ im Spiel, also dem Kind die Chance zu geben, sich später für den christlichen Glauben auch bewusst zu entscheiden. Auch die Hoffnung auf einen besonderen „Schutz“ des Kindes sollte man nicht kalt als „magisch“ abqualifizieren, so Grethlein. Zweidrittel aller in Interviews befragter Eltern hätten von sich aus den Tod angesprochen als sie zur Taufe befragt worden seien.

Daraus, dass alle Taufmotive dauerhaft seien und in das ganze Leben hinein wirkten, schließt der Praktische Theologe Grethlein, dass die Gemeinden die Tauferinnerung pflegen sollten. Dies könne in vielfältiger Weise geschehen und würde auch zunehmend von Gemeinden als Bereicherung erkannt. Selbst bei Beerdigungen könne die Taufe aufgenommen werden, sei der Tod doch im Sinne des Apostels Paulus (Brief an die Römer 6, 4-6) die Vollendung der Taufe.

Luther wie Calvin hätten die Wirkung der Taufe in das gesamte Leben eines Christenmenschen betont. Dem gelte es in der seelsorgerlichen und gottesdienstlichen Praxis zu entsprechen.

Dem Vortrag schlossen sich lebhafte Diskussionen in Arbeitsgruppen der Synode an. In diesen ging es um verschiedene Aspekte, wie zum Beispiel auch das Patenamt und die Gestaltung der Taufe im Gottesdienst.
Georg Rieger

Vortrag von Prof. Grethlein zum Download

175 Jahre Norddeutsche Mission

Am Abend hat der Generalsekretär der Norddeutschen Missdion, Hannes Menke, über die Entwicklung der Organisation von der Heidenmission hin zu einer Gemeinschaft gleichberechtigter Kirchen berichtet.

Menke schlug dabei eine Brücke über den Zeitraum von 175 Jahren und über 5000 Kilometer. Heute gehören zur Norddeutschen Mission die zwei presbyterianisschen Kirchen Togos und Ghanas sowie in Deuschland die Bremische Evangelische Kirche, die Lippische Landeskirche, die Lutherische Kirche Oldenburgs sowie die Evangelisch-reformierte Kirche. Die Organisation fördert mit etwa 1,2 Millionen Euro etwa 120 Hilfsprojekte. Daneben gibt es zwischen den Kirchen einen regelmäßigen Austausch.

Norddeusche Mission im Internet

Hannes Menke