Herbstynode 2019
21. bis 22. November 2019 in Emden
Eröffnung der Herbsttagung
Nach einem Abendmahlsgottesdienst hat Präses Norbert Nordholt in Emden die Herbsttagung der Gesamtsynode eröffnet.
Zunächst hielt der neu gewählte Oberbürgermeister der Stadt Emden, Tim Kruithoff (parteilos), ein Grußwort. Kruithoff kündigte darin an, dass sich Emden in Kürze dem Bündnis sichere Häfen anschließen wolle. Es habe ihn sehr gefreut, dass die Kollekte des Abndmahlsgottesdienstes für die Seenotrettung im Mittelmeer bestimmt sei. Kruithoff ist seit Anfang November im Amt und Nachfolger von Bernd Bornemann (SPD).
Bericht des Moderamens der Gesamtsynode
Stärkung der Jugendkirche
Die Jugendkirche in Osnabrück wird als Leuchtturmprojekt weitergeführt. Kirchenpräsident Martin Heimbucher bezeichnete die Jugendkirche als „ein Modellprojekt für die Landeskirche“. Hier würden beispielhafte Formate der Arbeit mit Konfirmanden, Jugendlichen und jungen Erwachsenen entwickelt und erprobt. und dann auch für andere Kirchengemeinden und Synodalverbände verfügbar werden. Die Landeskirche erhöhe ihren Zuschuss von 50 auf 75 Prozent für die nun unbefristete Stelle des Jugendreferenten und Projektleiters Philip Eifler.
Förderung der Kirchenmusik
Die Evangelisch-reformierte Kirche will ihre Kirchenmusik stärken. Kirchenpräsident Martin Heimbucher sagte im Bericht des Moderamens, dass in Kürze eine Stelle für Chormusik, insbesondere Kinder- und Jugendsingarbeit, besetzt werde. Nach dem Ruhestand des bisherigen Chorbeauftragten, Edzard Herlyn, der mit einer halben Stelle tätig war, sei nun eine volle Chorleiterstelle geschaffen worden.
Daneben unterstütze die Landeskirche die Kirchenmusik-Stellen in Hamburg, Leipzig, Neuenhaus und Nordhorn für die kommenden zehn Jahre. Dafür übernähmen die dortigen Kirchenmusiker gesamtkirchliche Aufgaben. Eine Fortsetzung nach Ablauf von zehr Jahren hänge aber vor der weiteren gesamtkirchlichen finanziellen Entwicklung ab, so Heimbucher.
Zusammenarbeit der evangelischen Kirchen Niedersachsens auf gutem Weg
Nach Meinung von Kirchenpräsident Martin Heimbucher hat sich die Zusammenarbeit der fünf evangelischen Kirchen in Niedersachsen bewährt. Im Bericht des Moderamens sagte Heimbucher, die Zusammenarbeit in der Konföderation habe sich „immer enger und vertrauensvoller“ entwickelt. Dies sei das Ergebnis einer Auswertung, die die fünf Kirchen jüngst vorgenommen hätten.
Vor fünf Jahren regelten die fünf evangelischen Kirchen in Niedersachsen, die Evangelisch-lutherische Kirche Hannovers, die Evangelisch-lutherische Kirche in Braunschweig, die Evangelisch-Lutherische Kirche in Oldenburg, die Evangelisch-reformierte Kircher und die Evangelisch-lutherische Kirche Schaumburg-Lippe, ihre Zusammenarbeit neu. Anstelle einer gemeinsamen Synode trat ein aus den Kirchenleitungen zusammengesetzter Rat. Vorsitzender des Rates ist seitdem der hannoversche Landesbischof Ralf Meister.
Nach Angaben von Heimbucher gebe es in der Konföderation keine einheitliche Meinung, ob eine Fusion zu einer evangelischen Kirche ein mögliches Ziel bleibe solle. Zunächst sei vereinbart worden, den aktuellen Vertrag bis 2023 weiterzuentwickeln.
Seenotrettung im Mittelmeer bleibt notwendig
Die Evangelisch-reformierte Kirche will weiterhin die zivile Seenotrettung im Mittelmeer unterstützen. Kirchenpräsident Martin Heimbucher sagte vor der Synode, die Entscheidung des Moderamens aus dem August, für ein kirchlich getragenes Rettungsschiff 15.000 Euro zur Verfügung zu stellen, habe viel Zustimmung erhalten. Es habe aber auch kritische Stimmen gegeben.
Heimbucher betonten gegenüber Kritikern: „Wir sehen uns durch das Evangelium von Jesus Christus zur unmittelbaren Hilfe herausgefordert.“ Solange der EU-Grenzschutz es nicht verhindere, dass Menschen im Meer ertrinken, sei eine von Kirchen unterstützte Seenotrettung nötig. Notwendig sei ein politisches Zeichen gegenüber der Politik der EU. „Wer die Pflicht zur Hilfe für Menschen in Not grundsätzlich verneint, verletzt und verlässt auch Grundwerte unserer Kirche“, so Heimbucher.
Heimbucher hob hervor, der Hauptgrund für Menschen in Afrika und dem Mittleren Osten, ihr Land zu verlassen, seien Dürre und Armut, Gewalt, Krieg und Bürgerkrieg. Es bleibe natürlich notwendig, den Flüchtlingen bereits in ihren Herkunftsländern zu helfen. Allgemein gebe die Evangelisch-reformierte Kirche für Entwicklungszusammenarbeit rund 600.000 Euro aus.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte auf ihrer Synode in der vergangenen Woche entschieden, über einen Verein die Finanzierung eines zusätzlichen Rettungsschiffes zu ermöglichen. Eine Initiative beim Kirchentag in Dortmund hatte dies auf den Weg gebracht.
Schwerpunktthema Digitalisierung
Ein Video eröffnete das Schwerpunktthema Digitalisierung.
Roland Rosenstock, Professor für Religions- und Medienpädagogik eröffnete danach mit einem Impulsvortrag.
Marktplatz Digitalisierung
Sieben digitale Projekte stellten sich den Synodalen vor:
- Intranet der Landeskirche: Ilona Terdevci/Frank Landheer
- Konfer-Plattform Civitas: Marcel Bach, Moritz Engel, Gerfried Olthuis
- Church-Desk – digitale Gemeindeverwaltung: Stephan Nußbaum
- KonApp: Max Naujoks, Deutsche Bibelgesellschaft
- Social-Media in der Jugendarbeit: Stephanie Engel
- YouTube-Channel: Kirsten Schüür, Ulf Preuß
- Digitale Gemeinde: Wolfgang Loest
Digitalisierung: Experte sieht bei Kirchen großen Nachholbedarf
Gottesdienste per Livestream im Internet, Verabredungen und Termine per App aufs Smartphone, Glaubenskurse auf Youtube: Das könnten Schritte in die digitale Zukunft der Kirchen sein. Die Reformierten sehen Chancen. Es gibt aber auch warnende Stimmen.
Emden (epd). Die Kirchen in Deutschland müssen nach Auffassung des Theologen und Medienpädagogen Roland Rosenstock (53) bei den Themen digitale Bildung und Kommunikation massiv aufholen. "Digitale Kompetenzen sind Kern- und Lebenskompetenzen", sagte der Professor für praktische Theologie an der Universität Greifswald am Donnerstag vor der Synode der Evangelisch-reformierten Kirche in Emden. Noch am Abend beschrieben die Delegierten des reformierten Kirchenparlamentes aus ihrer Sicht Schwerpunkte auf dem Weg in eine digitalere Kirche.
Angeführt wurde die Liste von dem Wunsch nach einer breiten Präsenz der Kirche in sozialen Netzwerken wie Instagram und Facebook. Aber auch Projekte der digitalen Verkündigung, Apps mit Servicefunktionen für das Smartphone und eine digitale Verwaltung haben für die Synodalen Priorität. Einschränkend hieß es allerdings: "Digitale Medien dürfen und können die Seelsorge, die Verkündigung und das persönliche Gespräch nur unterstützen, nicht ersetzen." Beschlüsse zur Umsetzung und zur Finanzierung wurden nicht gefasst.
Zuvor hatte Rosenstock gesagt, wenn sich die Kirche auf dem Weg in die digitale Zukunft abhängen lasse, könne sie gesellschaftlich nicht mitgestalten. Er machte klar, dass die Zeit drängt: "Algorithmen, die jetzt programmiert werden, bestimmen morgen unseren Alltag." Sie folgten Normen, die demokratisch gestaltet werden müssten. Das sei auch eine Herausforderung für die Kirchen.
Wie dringlich das Thema ist, verdeutlichte Rosenstock mit Blick auf das Ziel der Bundesregierung, dass alle staatlichen Verwaltungsleistungen bis 2022 digital verfügbar sein sollen. Dann werde es möglich sein, digital aus der Kirche auszutreten, führte der Medienpädagoge aus. "Die Herausforderung ist, dass Menschen ab 2022 auch digital in die Kirche eintreten können."
Ohnehin könnten Jüngere vielfach nur noch über digitale Wege erreicht werden. Es seien auch nicht mehr Diakone und Fußballtrainer, die heute die Sozialisation der Kinder begleiteten, sondern Youtuber wie Bibi und Gronkh.
Gleichzeitig fühlten sich viele Menschen in Kirche und Gesellschaft im Umgang mit dem Digitalen überfordert, sagte Rosenstock am Rande der Synode dem epd. Deshalb müsse es mehr als bisher um Bildung in diesem Bereich gehen. "Wir brauchen eine digitale Lesefähigkeit", bekräftigte der Wissenschaftler. In der Kirche werde in diesem Zusammenhang aber meist über Verwaltung und Verkündigung nachgedacht.
Die Kirchen haben Rosenstock zufolge den theologischen Auftrag, Beteiligung zu ermöglichen, auch, um der digitalen Spaltung in der Gesellschaft zu begegnen. Dies könne beispielsweise mit Kursen oder in der Bereitstellung von Infrastruktur für Ältere geschehen. Rosenstock macht den Gemeinden Mut, sich in dieser Hinsicht auf den Weg zu machen: "Die wichtigste Währung im digitalen Wandel ist Vertrauen. Da haben die Kirchen einen großen Vorschuss."
Von Dieter Sell / Evangelischer Pressedienst (epd)